Warum Internetzensur zu mehr Freiheit führen könnte +Nachtrag

Viele, die vom Staat angestellt sind, leben nicht unter der Konkurrenz anderer Branchen, weswegen der Druck, sich abzukrepeln, nicht selten eine Gewissenssache ist. Kurzum: Ich vermute, dass Internetzensur tendenziell zu mehr Nachlässigkeit bei den staatlichen Angestellten für „Internetsauberkeit“ führen könnte. Der Provider antwortet nicht auf eine Löschanforderung einer heiklen Seite? Dann wird die Seite einfach zensiert – sofort man kann weiterarbeiten und sich diese Aufgabe wann anders vornehmen – das Schlimmste ist ja dank Sperre nun vorbei.
Was jetzt nun gesperrt wurde, ist kinderleicht mit einem ausländischen IP-Wechsel durch Proxy rausfindbar.

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Sinkendes unnachvollziehbares Löschen bei Internetzensur?

Dürfen Angestellte jedoch eine Seite nicht blockieren, müssen sie alles dran setzen, sie aus dem Internet zu entfernen. Aus welchen Gründen eine Seite nun geschlossen wurde, ob der Inhalt Politik/Lobby/etc. kritisch war, kann man nicht mehr nachvollziehen. Man erfährt den Grund, warum etwas verschwand, nicht mehr und man kann weder von außen erfahren, ob es rechtens geschah oder nicht. Ob eine Seite mit anonymisierten ausländischen IPs durch DDOS-Attacken abgefeuert wurde, weil der Inhalt für jemanden zu kritisch war, oder ob eine Provideranfrage zu einer fairen Löschung aufgrund belegter Gründe eingereicht wurde – man wird es sehr wahrscheinlich nie erfahren, nicht bemerken, nicht weiter drüber nachdenken und nie herausfinden. Man akzeptiert das Schicksal einer Seite, nicht aufrufbar zu sein und sie gerät ins Vergessene. Wie viele Seiten schon permanent aufgrund ungemütlicher Infos solchen Aktionen zum Opfer fielen, werden wir auch nie erfahren. Und bei gewissen Staaten dürfte das mehr als genug sein.

Und aus diesem Grund kann eine Löschung ebenso aus suspekteren Gründen beauftragt sein als eine Zensur, die man mit einem Proxy übergehen kann. Die Tatsache, dass Internetzensur auch noch zusätzlich zur Löschnachlässigkeit führen kann, bestärkt die Situation, dass weniger auf Teufel-komm-raus unnachvollziehbares Seitenverschwinden stattfindet. Es liegt nicht selten in der Natur des Menschen durch vereinfachte Umsetzungen (Zensur) den Hang zu entwickeln, sich selbst weniger reinzuhängen (Löschung). Sicherlich nicht grundsätzlich, aber tendenziell.

Ein fragwürdiger Streik?

Vor langer Zeit fragte mich mal wer, warum ich nicht gegen die Internetzensur streiken gehe. Ich entgegnete: „Warum streikt ihr, wenn sie so einfach umgehbar ist?“ Die Antwort handelte von Prinzipverhalten. Daraufhin sagte ich, dass ein Streik gegen Gesetze, die für den Alltag weit relevanter und nicht so kinderleicht und auch noch legal umgehbar sind, in meinen Augen weit sinniger wäre.
Mit meinem zufälligen gestrigen Gedanke, finde ich nun, dass die ganze Aktion in gewisser Hinsicht für viele kontraproduktiver sein dürfte, als man vielleicht zuerst gedacht hat – denn das Fehlen von Zensur ist ein Antrieb für mehr gerechte als auch ungerechte Löschung, die man aber als Außenstehender wahrscheinlich nie einsehen und somit nachvollziehen könnte.

Ich bin nicht gegen eine Löschung, ich will nur unterstreichen, welche Risiken das für die Internetfreiheit mit sich bringt und warum menschliche Nachlässigkeit dank Zensur Sachen durchsickern lassen kann, die politisch und wirtschaftlich enorm relevant sein könnten, falls jemals der Falsche am Hebel sitzen sollte. Zensur besänftigt das Gewissen der Zensierer – egal, welcher Inhalt zensiert wird – aber ist entlarvbar, wenn es missbraucht wurde. Löschung ist das nicht und ich bin mir sehr sicher, dass viele Staaten kritische Seiten allein strategisch lieber in die Knie zwingen als sie nur zu vertuschen. Natürlich ist das alles kein entweder-oder – jeder, der unfair löschen will, wird auch einen Weg finden es zu tun -, aber ich lege auch den Schwerpunkt auf die menschliche Nachlässigkeit, die uns bestimmt schon vor mehr Katastrophen bewahrt hat als ein starres System je abzuwehren glaubte – denn dieses ist missbrauchbar. 

1.4.2013 Nachtrag: Warum das Ganze doch eine schlechte Idee ist

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100% Steuern – Maximaleinkommen à la Frau Kipping

Kipping | Foto: linksfraktion

Normalerweise würde ich es nicht für erwähnenswert halten, wenn solche Zitate von ein paar verwirrten Politikern kämen – und hiervon gibt es querbeet eine riesige Palette, wenn es um populistische Sprüche geht: Sei es die Piratenpartei mit mancherlei danebengehenden Bemerkungen, CDU Koch mit seiner Boot Camps-Idee statt Resozialisierung von kriminellen Jugendlichen oder Stoibers Tagträume. Dass die Mitglieder einer Partei nicht immer zur Parteiführung passen, ist ja bekannt. Und selbst Gysi gibt ein seriöseres Bild von sich als vieles vom Rest seiner Partei.

Katja Kipping ist aber Bundesvorsitzende der Links-Partei und ließ etwas verlauten, das ziemlich haprig ist. Gerade wegen des hohen Amts sollte man nicht unbedingt versuchen, dem alten Ruf noch näher zu kommen und die marktwirtschaftsunfreudigen Kommunisten wiederzugewinnen, wenn man sich von dieser Richtung zu distanzieren versuchte. Ob an dem Versuch was dran war? Dieses Thema ist so selbstverständlich, dass man es nicht erklären muss, aber wenn selbst eine Bundesvorsitzende darauf besteht, dann scheinen logische Schlüsse dort ziemlich fern zu liegen.

Und kein Cent mehr 

Foto: designerzone.de

Frau Kipping will ein Maximaleinkommen – 40.000€/mtl. sollen’s sein und alles darüber solle 100%ig versteuert werden.
Was hat sie vor? Die Wirtschaft radikal verändern?
Kaum ein Mensch würde über die 40.000€ weiterarbeiten, wenn absolut alles darüber hinaus wegkäme. Wer würde es da noch einsehen, riesige Unternehmen auszubauen (und damit viele Arbeitsplätze, die die Wirtschaft am Leben halten), riesige Aktionen/Projekte mit hohen Ausgaben anzufassen, expandieren etc.
Man selbst hätte keine Vorteile dadurch und außerdem hätte man nicht das gleiche Geld, das man normalerweise für einen Ausbau vorlegen könnte, wenn die Firma zulange für gewisse Prozesse bräuchte. Und rein psychologisch: Warum sollte man den Wählern, die einem den erarbeiteten Lohn darüber streichen ließen, die Möglichkeit von Arbeitsplätzen bieten? Gerade SO dürften reiche Großverdiener, die normal noch Steuern gezahlt hätten und damit dem Staat etwas geben würden, sich zu Hauf aufs Ausland verteilen oder alle wirtschaftlichen Leistungen bis zu diesem Gehalt runtersenken – der Aufwand nebenher etwas Großes zu betreiben wär es schließlich kaum wert (dann dürften sich ihre Angestellten von ihrem Arbeitsplatz verabschieden) und die Firma würde kleiner werden. Einzig der Konkurrenzgedanke, um auf dem Markt im Vergleich zum Ausland nicht völlig unterzugehen und damit immer noch Kunden zu erreichen statt komplett insolvent zu gehen, könnte antreiben, selbst bei diesem vergleichsweise stark gekürzten Gehalt weiterzuexpandieren.

Schmetterlingseffekt – eine Kaskade tiefer Auswirkung

Sehr hoch bezahlte Mitarbeiter würden ebenso den Hang dazu entwickeln, eine angemessenere Bezahlung im Ausland zu finden, das ohnehin oft bessere Konditionen bietet als Deutschland. Man würde die Top-Verdiener und ihre Steuerabgaben komplett verlieren. Ist es etwa eine gute Idee, Staatseinnahmen und Arbeitsplätze verfallen zu lassen und damit auch die Finanzierungsmöglichkeit unseres Sozialsystems? Wahrscheinlich dachte sich Frau Kipping, dass ab einem gewissen Gehalt bereits so viel abgedeckt ist, dass sich das Geld gedankenlos auf dem Konto sammelt und ein niedrigeres Gehalt durch die hohen Steuern für die Person kaum zu bemerken wäre. Ehrlich gesagt glaube ich aber nicht, dass die meisten Reichen ihr Geld auf dem Konto lassen – sie investieren, andernfalls würde die Inflation den Wert des Geldes senken. Sie investieren z.B. in andere Firmen oder in Immobilien, die man wiederum vermietet, was die Wirtschaft ankurbelt. An den Orten können neue Geschäfte entstehen usw. Dieses Geld hätte ein Investor dann nicht, könnte keine Immobilien ausbauen und vermieten, müsste sich sogar öfter verschulden als er andernfalls täte. Und selbst wenn man das Geld für den 30. Porsche ausgeben würde: Dieses Auto haben Arbeitnehmer geplant, entwickelt, gebaut, geliefert usw. Der Wirtschaftsbeitrag wäre vorhanden, ohne dass sich der Investor um sein Geld betrogen fühlt und deshalb seinen Verdienst bewusst senkt.

Unser Reichtum lebt von dieser Wirtschaft! Diese Politik, dieser Staat finanziert sich davon.
Wenn ein Maximaleinkommen käme, gäbe es also weniger Staatseinahmen als vorher – denn obwohl derzeit Höherverdienende Steuern zahlen, bliebe das garantiert nicht so. Die Personen würden sich bei mehr Gehaltverlust einfach stärker zur Ruhe legen – auf Kosten der Expansion für Arbeitnehmer (für die der Staat aufkommen müsste). Bei Promis: Für weniger Aufträge und somit auch weniger Staatseinnahmen am Einkommen. In den Niederlanden gab es anscheinend auch ein Gespräch über ein Maximaleinkommen – aber dort ging es um Beamte, die nicht in der Lage sind, viel mehr zu erwirtschaften, und nicht um Unternehmer.

Umsatz abstrafen und beschränken? 

Lady Gaga by petercruise

Lady Gaga, die gerne für eigene Touren draufzahlt, um sich dort auszuleben, später aber genug einnimmt, um’s auszugleichen, hat „natürlich“ ein Reichtum durch Ausbeutung von Sklaven statt Beschäftigte, die sich freuen, dank ihr Geld verdienen zu können.
Wer sich auf so viel einlässt und seine Privatsphäre quasi weggibt, sollte das Gehalt kriegen, was er erwirtschaftet hat und selbst entscheiden können, wie er es darüber hinaus verteilt (neben fairer Steuern). Dass Betrüger bestehen, daran ist der Staat nicht unschuldig, indem er in gewissen Bereichen keine Riegel gesetzt hat. Deswegen alle abzustrafen, ist nicht nur unsinnig, sondern auch ein hohes Wirtschaftsrisiko.

Man muss schon stark unweitsichtig denken, wenn man die simpelsten wirtschaftlichen Faktoren nicht erkennt. Ich frage mich gern, warum solche Radikalgesonnenen ein funktionierendes System aus Prinzip fast komplett aufgeben wollen, um kommunistische Aspekte umzusetzen, die vielerorts für Armut gesorgt haben. Wollen sie nicht lieber dort leben? Warum wollen sie es hierher holen und ein System, das uns so viel Reichtum beschert, wo sogar die Ärmsten gut aufgefangen werden, runterziehen? 

ACTA – das kommende Grauen? Was ist wirklich dran?

Derzeit würde ein Seiteninhaber einfach Mahnungen bei Copyright-Problemen kriegen, die er dann bezahlt, das Bild/Video etc. löscht und die Sache ist vom Tisch.
Durch ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) könnte hingegen der Internetprovider eingreifen und den Zugang stoppen.
Man will im allgemeinen Trend Provider haften lassen und ihnen die Verantwortung zuschieben. Fälle wo es bereits kritisch ist: In Frankreich gibt es bereits eine Überwachungsbehörde, die sich um Tauschbörsennutzer kümmert (3x erwischt werden -> 1 Jahr kein Internet). In GB arbeiten Rechteinhaber mit Providern zusammen, sodass Provider den Datenverkehr ihrer Nutzer live nach Rechtsverletzungen überwachen.

Ein großes Problem ist auch, dass per ACTA angespornt wird, die zweckmäßig ausgewerteten Daten international zu teilen.

Gegen ACTA: Anonymous |Foto: Diamante

Nun ist ACTA ein Handelsabkommen und kein Gesetz  – hat also damit wesentlich weniger zu sagen und kann sich nicht über nationale Gesetze stellen. Auch steht den Ländern offen, inwieweit sie Dinge auf ihre Art umsetzen oder auslassen. Es ist also quasi eine Empfehlung. Und da wir das Verfassungsgericht haben, wird ein Grüner oder Pirat nach dem Durchsetzen von Gesetzen solcher Art, die einen ähnlichen Zeitgeist beinhalten, wahrscheinlich direkt Klage einreichen, sodass ein solches Gesetz vom Verfassungsgericht abgelehnt wird, da es nicht mit unserem Grundgesetz konform ist. Man sollte also aktiv das Verabschieden der Gesetze verfolgen, um zeitig einzugreifen.

Der Trend, alles auf den Provider abzuwerfen, ihn User überwachen zu lassen und für die Haftung verantwortlich zu machen ist das Kritische und steht gegen unser Fernmeldegeheimnis, wenn man den Internetverkehr so drastisch aus Selbstverständlichkeit überwacht (Seiten, E-Mails, Zugriffe,…).

Darum begrüße ich die Streiks bezüglich ACTA. Auch wenn ACTA nicht solch grausige Eingriffsmöglichkeiten hat, wie skandalmäßig berichtet wird, so zeigen die Streiks, dass man diesen Trend der Politiker nicht gutheißt und sich als Nation wehren wird, wenn es ausarten soll. Und da Politiker wiedergewählt werden wollen, sehe ich zwar keine Vernunftseinsicht, aber zumindest eine Angsteinsicht jener.
Die Verhandlung über ACTA wurde nur mit Beteiligung von Interessenvertretern umgesetzt, Volksmeinungen und die Sicht aufs Gemeinwohl sowie Kulturwert wurden nicht einbezogen.

Heute stehen europaweit Streiks auf dem Programm – einsehbar in Google Maps. Herunterladen kann man das Abkommen hier. Und hier wird es detailierter von einem Anwalt erklärt. Und hier kann man bei AVAAZ unterzeichnen. 

Macht eure Meinung öffentlich, zieht Grenzen!

Aktuell: SOPA (Stop Online Piracy Act) – riesiger Zensurbeginn?

Ein amerikanischer Gesetzesentwurf seitens der Republikaner mit
drastischen Folgen.Google, Facebook, Wikipedia, Twitter und viele
andere streiken mit. 

Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Protest_gegen_SOPA
                      http://de.wikipedia.org/wiki/Stop_Online_Piracy_Act 

 

Seiten können auch bisher problemlos verklagt werden und das ist völlig in Ordnung und fair. So geht es schon länger und es ist idR auch kein Problem. Und so lange eine Verhandlung läuft darf eine Sperre auch in meinen Augen durchaus bestehen.

Aber nicht vorher ohne Prozess. Das ist aber genau das, was das Gesetz anvisiert: Ohne Prozess einfach drauflos sperren. Ohne Unsicherheiten wegzuräumen und Dinge klarzustellen. Das kann einfach in pure Massen-Willkürlichkeit umschlagen.
Wer Seiten mit illegalem Inhalt verlinkt, kriegt nicht nur einen finanziellen Hau auf die Finger, um es zu ändern – nein -, dem können Zusammenarbeiten mit Werbemittlern, Bezahldiensten und Servern entzogen werden.

WikiLeaks

Eigentlich ist das genau das, was bei Wikileaks passiert ist: Paypal hat für sie dicht gemacht, Spenden an Wikileaks wurden unterbrochen. Aber da aus der Angst heraus, die Paypal durch den Regierungsdruck hatte. Hier aber wäre es eine rechtlich legitime Sache.

 

Beim Verklagen muss man sich jedes Mal die Mühe machen, einzelne Personen ausfindig zu machen, sie anzuklagen und einen Prozess zu bezahlen sowie einiges an Zeit für den Prozess zu investieren. Oder zumindest einen Anwalt zu bezahlen, der Mahnungen losschickt, bis es dann wirklich zum Prozess und ggf. Sperre kommt – der Seitenbetreiber weiß dann aber vorher, worauf er sich einlässt, wenn er die Mahnungen ignoriert.
Bei Sperren fällt dieser teure Umstand weg, dadurch kann man massenweise Seiten aus dem Internet entfernen.
Von daher würde sich sehr wohl einiges ändern.

Anonymous

Es geht nicht darum, dass heute auch so kaum wer das Urheberrecht beachtet und problemlos dabei wegkommt, sondern darum, dass man in Massenverarbeitung haufenweise Zugänge zu Seiten sperren kann, ohne sich mit dem Betreiber auseinandergesetzt oder ihn informiert zu haben.
Und das geht klar in die Zensur.
Wenn man nun Texte loswerden will, achtet man nur darauf, ob auf einer Seite ein Bild ohne Rechte rumschwirrt und schon darf _alles_ dicht gemacht werden und nicht nur eine allein aufs Bild bezogene Mahnung abgeschickt werden.
Sie sperren ja auch nicht einzelne Bildchen und lassen den Rest bestehen, sondern nehmen das komplette Werk runter, wofür sie in meinen Augen kein Recht haben. Das ist als ob man für den Diebstahl von Socken, die im Haus rumliegen, das ganze Haus abreißt.

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Kirchhofs 25%-Steuersatz auf alle Einkommen

Tja, wer hätte gedacht, dass Kirchhof so schnell wieder auf dem Plan stehen würde? Die FDP gibt richtig Gas.
Die Steuervereinfachung wäre mal ein dicker Schritt. Die CDU wollte den Schritt sowieso und nun mit der FDP könnte er möglich werden. Dadurch könnten Pendler und Kleinverdiener benachteiligt werden, aber diesen Umstand kann man mit extra Transferleistungen beheben ohne am Steuerrecht großartig rumzuschrauben. Die Steuereinnahmen wären gut, Reichere könnten sich schlecht armreden und der riesige Steuer-Apparat würde entfallen – enorme Kosteneinsparung.
Da hätte die schwarz-gelbe Regierung mal was Großes hinterlassen.

Daneben sollte man auch beachten, dass Kirchhof mit seinen Thesen Familien unterstützt, denn Kinder würden, wie mir bekannt ist, weiterhin Steuerfreibeträge mitbringen. Und auch von der Leistung her wäre das Ganze wesentlich fairer. Während ein Banker 50 Euro die Stunde verdienen könnte und einfach weniger arbeiten kann, wäre z.B. eine Putzfrau, die wahnsinnig viel arbeitet oder ein Bauarbeiter, der ebenso extrem gesteigert permanent arbeitet, um auf ein ähnliches Niveau zu kommen, bestraft bei Mehrverdienst – denn nach oben hin steigen die Steuern fleißig. Also bestraft für mehr Arbeitelan als sonst – das lohnt sich kaum. Wenig Ansporn, mehr verdienen zu wollen – und das schon bei den kleinsten Verdienern der Gesellschaft.

Linksorientierte Parteien können ja nur mit den Kleinarbeiterungerechtigkeit gegen argumentierten. Und wenn seitens CDU und FDP mal jemand das Stichwort Transferleistungen einwerfen würde, gäbe es doch kaum Diskussionspotential. Nur irgendwie macht das keiner – jedenfalls nicht, dass ich’s irgendwo gelesen hätte. An sich entspricht die Reform doch dem Wunsch der linksorientierten Parteien: Die höhere Liga mal effektiv zur Kasse bitten. Wo ist da noch das Problem?
Und es geht darum, effektiv als Staat mehr einzunehmen, was dadurch ebenso ermöglicht wird – ohne Paragraphen zu wälzen.

Ich glaube, die FDP hat Kirchhof hervorgeholt, weil es der letzte Halm ist, an dem sie sich in nächster Zeit steuersenkungsmäßig klammern können, seitdem sich die Union derzeit nachvollziehbar vehement dagegen wehrt und die FDP enorm viele Stimmen eingebüßt hat. Optisch ist es ja eine Steuersenkung – also das Versprechen aus dem Wahlprogramm -, nur dürfte das so manches reichere steuerabsetzungsfreudige Klientel der FDP sowie Wähler à la Steuerberater & co. eben doch drunter leiden. Zwiespältig eben, aber bei Erfolg könnte es optisch vielleicht das Bild etwas aufpolieren.

____

Kleine Ergänzung zu Kirchhof noch:
Hab hier ’ne nette Grafik zum Steuersatz im Vergleich gefunden (blau derzeit, rot nach Kirchhof):
Wie seriös die Quelle ist, habe ich jetzt nicht durchgecheckt, aber erfahrungsgemäß haut das zahlenmäßig in etwa so hin.

† „Osama bin Laden ist tot! Juhu!“ †

Darf man das eigentlich? Sich über den Tod freuen?

Nachdem die DNA-Tests gemacht wurden und diese mit Verwandten bin Ladens übereinstimmten, scheint der Fund sicher zu sein: Es ist wahrscheinlich Osama bin Laden, der von den Amerikanern am 2. Mai 2011 um 4 Uhr morgens als tot verkündet wurde.

Und weil sich viele auf Facebook über den fehlenden Prozess und die Tatsache, dass er erschossen wurde und Saddam Hussein hingegen einen Prozess bekam, aufregen, könnte man das doch als eine kleine Diskussionsgrundlage nehmen.

Die Amerikaner erschießen seit Jahren Terroristen und keiner schert sich um einen Prozess, aber bei Osama bin Laden empört es dann viele. Bin Laden war gut bewaffnet, leistete Waffenwiderstand und er hätte sehr wahrscheinlich seine Finder umgebracht, wenn er die Chance gehabt hätte – also keine normale Verhaftung unter normalen Umständen, bei der man die Judikative danach problemlos nachtragen hätte können. Saddam Hussein lag hingegen wehrlos in einem Loch und ergab sich auch direkt. Da war kein Schussgefecht nötig.
Auch die deutsche Rechtslage erlaubt es Polizisten ebenso in solchen Situationen auf den Verbrecher loszuschießen. Und wenn man einen Mörder anders nicht überwältigen kann, erschießt man ihn logischerweise eher als ihn weiterwüten zu lassen.
Problematisch sehe ich eher den Jubel. Man habe das Böse ihrer Wertvorstellung besiegt. Für die Terroristen waren die Amerikaner die bösen Feinde. Was sie beide gemeinsam haben: Beide jubeln über den Tod von Menschen. Das ist zwiespältig, aber die Schussgefecht-Handlung betrachte ich da ganz anders.

Ich kann die Freude der Angehörigen vom Anschlag verstehen – aber amtliche Freude ist dann doch etwas kritischer bei Ländern, die auf ihr Rechtssystem und den Menschenrespekt so stolz sind.

Es symbolisiert den Menschen von oben Vergeltung sei gut, Rache & Tötung in Ordnung, wenn begründeter Hass dahinter stehe. Und Menschenleben gegen anderes aufwiegbar. Und weil man sein Recht auf Leben damit vergolten hätte, es gut wäre wegen eines solchen Tods zu feiern und sich zu beglückwünschen.
Eine Einstellung, bei der die Wertvorstellung über das Leben anderer bestimmt, korreliert doch stark mit der Sicht anderer Mörder, die auch gerne aus Vergeltung und Rache töten – in ihren Augen ebenso gerechtfertigt.
Möchte man wirklich eine solche Moral mit einem Lächeln verbreiten und mit so einer Einstellung leben? Dass man die Gesellschaft schützen will, ist doch okay. Aber ab dem Punkt ab dem der Tod aus Rache zu einer angesehenen und guten Sache wird, die unkritisiert dasteht und bei der Freude normal wird, sollte man sich schon fragen, ob man nicht doch genau in die andere Richtung gelaufen ist. Nämlich in die, die Töten aufgrund von Wertvorstellungen rechtfertigt, deren Meinung auch viele Mörder sind.

Edit: Nun heißt es, dass Osama bin Laden eben doch nicht ernsthaft bewaffnet war, sondern dass Waffen nur in seiner Nähe lagen. Das klingt nicht mehr nach Schussgefecht…

§ Zusammenfassung vom neuen JMStV §


Zusammenfassung

alter JMStV (ab 2003):
Wenn auf Website Inhalt ü16 oder ü12 auf Kinderseiten
> Handlungspflicht:
– tagsüber Zeitsperre oder
– Altersnachweis einholen (z.B. per Kredit-karte)
neuer JMStV (ab 2011):
Wenn auf Website Inhalt ü16 oder ü12 auf Kinderseiten
> Handlungspflicht:
– tagsüber Zeitsperre oder
– Altersnachweis einholen (z.B. per Kredit-karte) oder
neue Option:
– altersbezogenen Quellcode für Filtersoft-ware einbauen

Der Effekt:
+ vereinfacht Erwachsenen ü16Inhalt einzusehen (keine umständlichen Alters-nachweise z.B. per Kreditkarte)
+ Eltern können Seiten für ihre Kinder effektiver & individuell rausfiltern
+ ohne Filterinstallation gilt man als ü18
+ weniger Aufrufeinbußen für Gewalt-/ Pornoanbieter (da weniger komplizierte Zugänge für die User)
+ 99% betrifft die neue Regelung nicht, sondern Gewalt-/Pornoanbieter (für die es einfacher wird)
Aspekte:
– ü16Text für Blogger zu schreiben ist sehr schwer (selbst Erotikromane sind gerade mal als Empfehlung ab 14 – siehe Amazon)
– wer ü16Inhalt (betrifft wirklich eher Filme, Bilder) in den letzten 7 Jahren online hatte, hätte die ganze Zeit eine Zeitsperre oder Alterszugangsperren gebraucht, jetzt folgt nur eine simplere Option
– Mahnwelle? Wodurch? Die Regelung betrifft fast niemanden und sie verbessert sogar die Lage.
– selbst Youporn & co. haben Altersbuttons
– Alterseinstufung 0, 6, 12 Jahre = freiwillig
An sich muss niemand was ändern! Aber man kann.


Für Porno-/Gewaltanbieter:
– ihr braucht nun weder Zeitsperre noch Altersnachweis;
– 4000 Euro Mitgliedschaft beim FSM ist nicht nötig;
a) ist es ersichtlich, dass man ü16Inhalt hat (man tut den Quellcode einfach selbst rein und verliert nur Filternutzer (Kinder), kriegt dafür aber einfacher Erwachsene als Besucher)
b) man kann auch Jugendschutzbeauftragte hinzuziehen (hier z.B. ab 6,90 EUR im Monat)


Nachtrag: Der neue JMStV wurde gekippt. Nichts mehr mit Altersmarkierung bei ü16-Inhalt. Jetzt muss wieder gesperrt werden.

Entwarnung: Neuer Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) §


Kurz: Was ab Januar alternativ mit „ü16“ markiert werden kann, hätte nach dem _alten_ JMStV während der letzten 7 Jahren bereits gesperrt sein müssen. Die Novellierung vereinfacht die Lage. Was vorher keine Probleme bereitete, wird auch jetzt keine bereiten (es wird also i.d.R. keiner was ändern müssen!).

Nebenbei: Schon aufgefallen? Rechtsexperten [1], [2] entwarnen Blogger, Laien hetzen diese oft und vermischen zu Hauf 2003 mit 2011 (obwohl es die ü16Sperr-Pflicht seit 2003 und nicht erst seit 2011 gibt).
– Was spricht zudem gegen Altersmarkierungen vor Pornoseiten? Selbst youporn und pornhub haben welche, bei uns hätten solche Seiten zuvor gesperrt bleiben müssen. Problem ist das deutsche Abmahnwesen (sodass neuerdings unnötigerweise Personen Angst kriegen, die gewaltfilmlos normale Sätze schreiben), nicht der JMStV (der betrifft eher Porno-/Gewaltfilm-anbieter).

Am Vertragstextaufbau kann man rumkritisieren, belangt aber 99% nicht, an den Filtern hypothetisch auch, doch sind sie im Vertrag nicht festgemacht und in dem Sinne schwer zu kritisieren, da noch nicht vorhanden.


Was ist der JMStV, was die Novellierung?

Der alte JMStV
ist seit 2003 gültig. Gedacht ist der JMStV als Schutz für Kinder und Jugendliche, die im Internet nicht direkt auf Inhalte, die nicht ihrem Alter entsprechen, treffen sollen.
Allen voran steht, ob die Beiträge erst ab 16 oder ab 12 umgeben von Kinderinhalt sind, dann besteht Handlungspflicht (bei Ungewissheit kann man eine Prüfungsstelle [Jugendschutzbeauftragte, FSM] fragen). Ist ü16- bzw. ü12Inhalt auf Kinderseiten vorhanden, muss der Betreiber tagsüber eine Zeitsperre auf die Homepage setzen oder einen Alternachweis der Nutzer einholen (z.B. ePerso-Tools, Kreditkarte). Andernfalls droht Bußgeld und Abmahnungen. In der Praxis hörte man aber in diesen 7 Jahren selten von Abmahnungen – also bisher kein wirkliches oder strenges Problem für Privatseiten.

Der neue JMStV
gilt ab dem 1. Januar 20011 und ergänzt den alten Altersprüfweg von Zeitsperre oder komplizierten Altersnachweis nun mit einer weiteren Option: Ein einfacher Quellcode, der als Alternative bei gleicher Situation (ü16-Inhalt bzw. ü12Inhalt auf Kinderseiten) genutzt werden kann. Nun muss man keine Kreditkartennummer verlangen oder die Seite zeitlich absperren, sondern kann einfach den Quellcode eingeben und ist nun damit abgesichert, da Eltern bei solchen Seiten für ihre Kinder nun Filtersoftware verwenden können. Dieser Quellcode erleichtert es also Erwachsenen im Internet ü16-Inhalt zu sehen, da man nun nicht jedes mal sein Alter versifizieren muss. Weiß man nicht genau, ob man ü16Inhalt hat, kann man sich weiterhin an eine Prüfungsstelle wenden – wie zuvor eben auch. Wer den Inhalt falsch einschätzt und nicht auf einen der drei Wege sichert, kann wie früher abgemahnt werden. Der Vorteil der Neuerung ist, dass man nun drei statt zwei Wege (alter JMStV) für den Altersprüfweg hat. Die Angabe „ab 0; 6; 12 Jahren“ ist freiwillig.


Entwarnung zum neuen JMStV (Novellierung = positiv?!)

Ich habe den Beitrag überarbeitet, denn anders als heise.de (& z.B. t3n.de) rauslesen lässt und von nun „befürchteten Abmahnwellen“ spricht, schreibt der FSM im letzten Punkt, dass sich abmahntechnisch zu 2003 nichts im Vergleich zu früher ändert. Die Novellierung bringt also nur eine Absperralternative durch Altersangaben bei bereits vorhandenem zweifelhaften Material.

Damit ist die Abmahnangst ab dem 1. Januar gar nicht berechtigter als sie es schon die ganze Zeit war. Wahrscheinlich hielt sich das im Hintergrund, weil kaum wer darüber Bescheid wusste. Jetzt, durch die Medienaufmerksamkeit, wissen es aber viele und die Abmahnzahl könnte steigen.

Das heißt, dass wirklich nur eine Altersbeschränkungsalternative hinzukam und viele sich eigentlich über das alte Gesetz aufregen. Zahlreiche Seiten haben aber statt einer Trennung alles in einem Satz in Bezug auf Januar geschrieben, sodass die Novellierung wirkte, als ob sie bezogen auf Abmahnungen was Neues bringen würde. Tat sie nur nicht. Das Gesetz, so bezweifelbar es manche finden, läuft schon seit 7 Jahren in diesem Sinne.

Andererseits, wenn die Abmahnrate wirklich so extrem winzig ist, wie jetzt (man hörte ja bisher i.d.R. auch nie was), dann ist die Altersangabe eine enorm praktische Sache. Gewöhnlich kümmert es viele nicht, ob man rechtlich bezogen auf die Altersfreigabe seiner Homepage richtig liegt. Durch den Hype kontrollieren alle ihren Inhalt, obwohl es kaum Abmahnungen bisher gegeben hat. Das erleichtert einem nun, sich bei Problemen zu schützen, weil danach Abmahnanwälte nichts mehr tun könnten, während sie das vorher gekonnt hätten. Außerdem braucht man keinen klaren Altersnachweis, sondern kann einfach mal eine Gewalt- oder Pornoseite aufziehen und muss dann nur noch die Altersfreigabe in den Code einbauen (wer sich bisher unsicher war, konnte ja auch einen Jugendschutzbeauftragten anschreiben).
Eigentlich ist das extrem praktisch, weil dann automatisch jeder ohne Kinderfiltersoftware als mindestens 18-Jähriger diesbezüglich durchgeht und gemütlicher an deutsche Porno- und Gewaltfilme kommt, ohne nervige Altersbestätigung z.B. per Kreditkarte.
Mit der Argumentation, das Internet hätte keine Landesgrenzen, zerstören sich Ältere eigentlich selbst diese komfortable Sache, einfach mal alles Kritische bei beiläufiger Altersangabe online zu stellen. Wenn bei einer Nachbearbeitung des Gesetzes dieser Punkt nun wegfällt, verlieren Ältere eigentlich an Freiheit.

Ohne die Abmahnaffäre ist das eigentlich eine richtig gemütliche Sache.
Wenn aber bei Gesetzesverstößen immer Abmahnungen neben Bußgeld bestehen können, dann ist das neuartige Erwähnen davon mal richtig suspekt. Wenn sich das Abmahnverhältnis aber nicht ändert, dürfte es den meisten wirklich egal sein, weil dann wirklich nicht jeder Blog-Satz auseinandergerissen und kritisiert wird. Es besteht also wirklich kein Panikgrund. Das Gesetz ist also sogar für Ältere besser geworden.
Anscheinend hat die Sache einer falsch aufgegriffen und das alte Gesetz zur Novellierung erklärt und dann haben fast alle großen Seiten mitgezogen. Und nun folgen eben die User.

Das heißt, dass alle, die unabgeschottetes ü16-Material auf der Website hatten, eigentlich die ganze Zeit mahngefährdet waren und jetzt das Problem mit einem kleinen Code-Stück (statt aufwendigen Verfikiationsvorgängen) lösen können.

Grundsätzlich wird man also nichts ändern müssen, was man nicht vor 7 Jahren hätte schon ändern müssen (also ü16Inhalt, ü12Inhalt auf Kinderseiten). Zudem wird am Beispiel der Praxis (innerhalb dieser 7 Jahre gab’s kaum Abmahnungen!) nicht jeder Satz auseinander-genommen. Alles kann also bleiben wie es ist.

Das, was wirklich kritisch ist, ist das Abmahnwesen in Deutschland und das hat nicht wirklich was mit diesem Gesetz zu tun, sondern lässt sich auf fast jedes Gesetz anwenden. In Deutschland ist schon die erste Abmahnung kostenpflichtig, in Amerika z.B. nicht. Hier wäre eine Änderung angebracht.

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